FlexCo – Chancen und Herausforderungen der neuen Kapitalgesellschaft

11/24/2024
Start-ups | Unternehmensrecht
Die FlexCo, Österreichs neue Kapitalgesellschaft, bietet Start-ups flexible Mitarbeiterbeteiligungen und steuerliche Vorteile. Doch Aufsichtsratspflicht und geringe internationale Bekanntheit bringen Herausforderungen.

Seit 2024 gibt es neben der GmbH und der AG in Österreich eine neue Form der Kapitalgesellschaft, nämlich die FlexCo. Der österreichische Gesetzgeber reagiert damit auf die Herausforderung von Start-ups, hochqualifizierte Talente zu gewinnen und dauerhaft zu binden. Die Innovationskraft dieser Unternehmen hängt stark von engagierten Mitarbeitern ab, die bereit sind, in einem Umfeld mit hohem Risiko und Unsicherheit zu arbeiten. Gleichzeitig sind junge Unternehmen oft nicht in der Lage, marktübliche Gehälter zu zahlen oder vergleichbare finanzielle Anreize wie etablierte Unternehmen zu bieten. Mitarbeiterbeteiligungsmodelle bieten eine Lösung, um diese Diskrepanz auszugleichen. Darauf hat der österreichische Gesetzgebung reagiert, nämlich mit der Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) und des Start-up-Förderungsgesetzes. Diese Neuerungen sollen Start-ups gezielt unterstützen und Hindernisse beseitigen, die bisher die Nutzung von Mitarbeiterbeteiligungen erschwert haben.

Der bisherige Status Quo

Mitarbeiterbeteiligungen in Österreich waren bislang mit erheblichen rechtlichen und steuerlichen Hürden verbunden. So konnten beispielsweise Gesellschaftsformen wie die GmbH keine einfachen Beteiligungen ohne Stimmrechte anbieten. Jede Übertragung von Geschäftsanteilen erforderte zudem einen Notariatsakt, was die Flexibilität stark einschränkte und mit hohen Kosten verbunden war. Auch steuerrechtlich stießen Unternehmen und Mitarbeiter oft auf Probleme: Bei der Zuteilung von Anteilen entstand regelmäßig eine Steuerpflicht, selbst wenn die Beteiligung noch keinen realen Geldwert hatte – ein Phänomen, das als „Dry Income“ bezeichnet wird. Dies führte dazu, dass Mitarbeiter eine Steuerlast tragen mussten, obwohl sie noch keinen finanziellen Vorteil aus ihrer Beteiligung ziehen konnten.

Zusätzlich waren die Sozialversicherungsregelungen unklar und die Abgabenlast für beide Seiten hoch, was die Attraktivität solcher Modelle weiter minderte. In vielen Fällen entschieden sich Unternehmen daher für alternative Modelle wie virtuelle Beteiligungen, die zwar flexibler waren, jedoch weniger Sicherheit und Anreize boten.

 

FlexCo

Die Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) markiert einen bedeutenden Fortschritt im österreichischen Gesellschaftsrecht. Diese Rechtsform wurde speziell für die Bedürfnisse von Start-ups entwickelt und bietet zahlreiche Vorteile für die Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligungen.

Ein zentrales Element der FlexCo ist die Möglichkeit, Unternehmenswertanteile auszugeben, die den Mitarbeitern wirtschaftliche Rechte einräumen, ohne ihnen jedoch Mitsprache- oder Stimmrechte zu gewähren. Dies ermöglicht es den Gründern, die Kontrolle über das Unternehmen zu behalten, während Mitarbeiter dennoch am finanziellen Erfolg teilhaben können. Die Unternehmenswertanteile können individuell ausgestaltet und direkt im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, was eine hohe Flexibilität bietet.

Ein weiterer Vorteil der FlexCo liegt in der vereinfachten Übertragbarkeit von Anteilen. Während bei der klassischen GmbH jede Übertragung notariell beglaubigt werden musste, genügt bei der FlexCo eine einfache beglaubigte Urkunde. Dies reduziert nicht nur die Kosten, sondern vereinfacht auch die Verwaltung erheblich.

 

Steuerliche Vorteile

Mit dem Start-up-Förderungsgesetz wurde ein weiterer wichtiger Schritt unternommen, um die Attraktivität von Mitarbeiterbeteiligungen zu erhöhen. Durch die Einführung des § 67a EStG wurde ein Mechanismus geschaffen, der die steuerlichen Belastungen deutlich reduziert. Ein wesentlicher Vorteil ist der Steueraufschub: Mitarbeiter müssen erst dann Steuern auf ihre Beteiligungen zahlen, wenn sie tatsächlich einen finanziellen Vorteil daraus ziehen, etwa bei einem Exit oder bei der Auszahlung von Dividenden. Dies beseitigt das Problem des „Dry Income“ und erleichtert es Unternehmen, Beteiligungen als echten Anreiz anzubieten.

Zudem profitieren Mitarbeiter von begünstigten Steuersätzen auf Gewinne aus ihren Beteiligungen, während Arbeitgeber durch klare Regelungen eine niedrigere Abgabenlast haben. In Kombination mit der FlexCo schaffen diese Maßnahmen eine solide Grundlage, um Mitarbeiterbeteiligungen nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich attraktiver zu gestalten.

 

Zwei Nachteile

Die Einführung der FlexCo hat zweifellos viele Vorteile für Start-ups gebracht, doch wie bei jeder rechtlichen Struktur gibt es auch Schwächen, die in der Praxis bedacht werden müssen. Zwei wesentliche Nachteile sind die Verpflichtung zur Einrichtung eines Aufsichtsrats ab einer bestimmten Unternehmensgröße und die fehlende internationale Bekanntheit der FlexCo, die potenzielle Investoren aus dem Ausland abschrecken könnte.

Ein wesentlicher Nachteil der FlexCo ist die gesetzliche Verpflichtung, bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte einen Aufsichtsrat einzurichten. Diese Regelung findet sich in § 6 Abs. 2 FlexKapGG und ist an die Unternehmensgröße (zumindest mittelgroße Kapitalgesellschaft im Sinne von § 221 Abs 2 und 4 UGB) gekoppelt. Das Vorhandensein eines Aufsichtsrats bringt zusätzliche Anforderungen mit sich, die insbesondere für schnell wachsende Start-ups administrative und finanzielle Herausforderungen darstellen. So muss der Aufsichtsrat nicht nur korrekt zusammengesetzt sein, sondern auch regelmäßige Sitzungen abhalten und Protokolle führen. Hinzu kommt, dass Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat entsendet werden können, wodurch sich die Dynamik der Unternehmensführung verändert. Diese Pflicht kann dazu führen, dass sich die FlexCo in der Wachstumsphase mit zusätzlichen bürokratischen Hürden konfrontiert sieht, die sie von ihrer ursprünglichen Agilität und Flexibilität ablenken. Besonders für Start-ups, die schnell skalieren, kann dies ein bedeutender Nachteil sein, da der Aufsichtsrat eine zusätzliche Kontrollinstanz schafft und Prozesse verlangsamen könnte.

in weiterer Nachteil der FlexCo ist ihre geringe Bekanntheit außerhalb Österreichs. Im Gegensatz zu international etablierten Gesellschaftsformen wie der GmbH, der Limited (Ltd.) oder der Corporation (Inc.) ist die FlexCo als Kapitalgesellschaftsform nahezu ausschließlich in Österreich anerkannt. Diese mangelnde Vertrautheit kann zu einem erheblichen Problem werden, wenn ein Start-up ausländische Investoren gewinnen möchte. Ausländische Investoren, die mit der Struktur und den rechtlichen Rahmenbedingungen der FlexCo nicht vertraut sind, könnten dieser Gesellschaftsform skeptisch gegenüberstehen. In der Praxis bedeutet dies oft, dass umfangreiche Erklärungen notwendig sind, um die Vorzüge und die rechtliche Sicherheit der FlexCo darzulegen. Diese Hürde ist insbesondere in der Frühphase eines Unternehmens problematisch, da Start-ups in dieser Zeit stark auf das Vertrauen und die finanzielle Unterstützung von Investoren angewiesen sind. Zudem könnten ausländische Investoren die FlexCo als riskanter empfinden, da sie deren rechtliche Feinheiten und Unterschiede zu international anerkannten Gesellschaftsformen nicht einschätzen können. Dies kann dazu führen, dass sie höhere Sicherheitsanforderungen stellen, beispielsweise durch die Einforderung zusätzlicher Garantien oder durch die Ablehnung einer direkten Beteiligung. Solche Unsicherheiten könnten potenzielle Investitionen verzögern oder verhindern und die internationale Skalierbarkeit des Start-ups behindern.

 

Fazit

Die neuen Regelungen zur FlexCo und das Start-up-Förderungsgesetz bieten vielversprechende Ansätze, um Mitarbeiterbeteiligungen in Österreich zu fördern. Start-ups können nun innovative Anreizsysteme schaffen, die nicht nur rechtssicher, sondern auch wirtschaftlich attraktiv sind. Die FlexCo bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Die Pflicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrats ab einer bestimmten Unternehmensgröße kann administrative und finanzielle Belastungen verursachen, die die ursprüngliche Flexibilität dieser Gesellschaftsform einschränken. Gleichzeitig stellt die fehlende internationale Bekanntheit der FlexCo ein erhebliches Hindernis für Start-ups dar, die auf ausländische Investoren angewiesen sind. Diese Nachteile sollten Start-ups und Gründer bei der Entscheidung für die FlexCo sorgfältig abwägen. Eine genaue Analyse der langfristigen Unternehmensziele und eine strategische Beratung sind unerlässlich, um die richtige Gesellschaftsform zu wählen, die den Bedürfnissen des Unternehmens am besten entspricht.

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