Rechtsbehelfe im AI Act – Teil 3: Das Recht auf Meldung von Verstößen nach Artikel 87 AI Act

11/09/2024
Compliance
Im dritten Teil unserer Serie zum AI Act behandeln wir Artikel 87, der eine zentrale Rolle bei der Meldung von Verstößen gegen den AI Act spielt. Dieser Artikel ist eng mit dem Whistleblowing verbunden, wie es in der europäischen Whistleblower-Richtlinie geregelt ist, und zielt darauf ab, die Einhaltung der KI-Verordnung zu sichern.

Artikel 87 AI Act: Meldungen von Verstöße

Artikel 87 AI Act bietet eine umfassende Grundlage, um Verstöße gegen die KI-Verordnung zu melden. Das Besondere hierbei ist, dass es nicht nur um vergangene oder bereits geschehene Verstöße geht, sondern auch um Verhaltensweisen, die sehr wahrscheinlich zu Verstößen führen werden. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht erst tätig werden müssen, wenn ein Verstoß bereits begangen wurde – es ist auch möglich, bevorstehende oder potenzielle Verstöße zu melden.

Dies umfasst:

  1. Vergangene Verstöße: Meldungen können für bereits erfolgte, illegale Handlungen erstattet werden.
  2. Zukünftige Verstöße: Auch Handlungen, die sehr wahrscheinlich zu einem Verstoß führen werden, können gemeldet werden.
  3. Missbräuchliche Umgehung oder Verschleierung: Der Artikel deckt zudem Fälle ab, in denen versucht wird, den Regelungsgehalt der Verordnung zu umgehen oder Verstöße zu verschleiern.

Die Verbindung zur Whistleblower-Richtlinie

Artikel 87 AI Act nennt ausdrücklich die europäische Whistleblower-Richtlinie (Hinweisgeberschutz-Richtlinie), die ebenfalls einen wichtigen Rahmen für den Schutz von Hinweisgebern bietet. Diese Richtlinie verfolgt das Ziel, Personen zu schützen, die Informationen über Verstöße melden – insbesondere im Hinblick auf Rechtsvorschriften der EU. Der AI Act macht sich diese Schutzmechanismen zunutze, um Hinweisgeber zu ermutigen, Verstöße gegen die KI-Verordnung zu melden, ohne Angst vor Repressalien oder rechtlichen Konsequenzen haben zu müssen.

Aus rechtlicher Sicht ist dabei von besonderer Bedeutung, dass das Hinweisgeberschutzgesetz (HSchG) als lex specialis gegenüber allgemeinen Vorschriften wie dem AI Act Vorrang hat, wenn es um die Meldung und Offenlegung von Verstößen geht. Besonders relevant wird dies bei der Abgrenzung von internen und externen Meldungen, sowie dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen.

Praktische Relevanz für Unternehmen

Für Unternehmen, die Hochrisiko-KI-Systeme einsetzen oder als Anbieter solcher Systeme agieren, sind die Vorschriften aus Artikel 87 und der Whistleblower-Richtlinie besonders wichtig. Arbeitnehmer, Geschäftspartner oder andere Personen, die potenziellen Zugang zu relevanten Informationen haben, können Verstöße gegen die Pflichten von Anbietern und Betreibern von Hochrisiko-KI-Systemen melden. Hierbei kann es sich um Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften, Transparenzpflichten oder Konformitätsanforderungen handeln.

 

Dabei dürfen auch sensible Informationen, wie Geschäftsgeheimnisse im Sinne des Geschäftsgeheimnisgesetzes, unter bestimmten Voraussetzungen gemeldet werden – insbesondere, wenn es sich um Verstöße von erheblicher Tragweite handelt. Abhängig vom konkreten Fall könnten diese Meldungen sowohl intern (an das Unternehmen) als auch extern (an die zuständigen Behörden) erfolgen oder sogar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, falls dies notwendig erscheint.

Verbindung zu Artikel 78 AI Act

Artikel 87 AI Act ist eng mit Artikel 78 der KI-Verordnung verknüpft, der Pflichten der Anbieter und Betreiber regelt und Vertraulichkeitsregeln bereithält. Praktisch relevant werden Meldungen von Arbeitnehmern und Geschäftspartnern, etwa bei der unsachgemäßen Nutzung oder Bereitstellung von Hochrisiko-KI-Systemen. Es ist zu erwarten, dass diese Regelungen in der Praxis insbesondere zur Meldung von Verstößen gegen Pflichten von Anbietern und Betreibern genutzt werden.

Fazit

Artikel 87 AI Act bietet eine weitreichende Grundlage für die Meldung von Verstößen gegen die KI-Verordnung. Er stellt sicher, dass Verstöße, sei es in der Vergangenheit oder solche, die wahrscheinlich in der Zukunft geschehen werden, gemeldet werden können. Dies umfasst auch Versuche der Verschleierung oder missbräuchlichen Umgehung der Regelungen. Die Verknüpfung mit der Whistleblower-Richtlinie stärkt den Schutz von Hinweisgebern und stellt sicher, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter nicht nur bei bereits erfolgten, sondern auch bei drohenden Verstößen aktiv werden können.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie interne Prozesse einrichten müssen, um solche Meldungen zu erfassen und zu bearbeiten. Gleichzeitig müssen sie sicherstellen, dass sie den Schutz von Hinweisgebern respektieren und eventuelle Verstöße umgehend prüfen und beheben, um Konformität mit den Vorgaben des AI Acts sicherzustellen.

Mit diesem Beitrag endet unsere dreiteilige Serie über Rechtsbehelfe im AI Act. Unternehmen sollten die hier beschriebenen Mechanismen und Rechte in ihre Implementierungs- und Compliance-Strategien integrieren, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen und eine rechtssichere Nutzung von KI-Systemen zu gewährleisten.

AI Credits

Bilder: Midjourney

Textunterstützung: ChatGPT

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