Strafverteidigung ist nicht nur zur Frage der Gerechtigkeit, sondern auch zur betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit. Besonders Unternehmer:innen und Führungskräfte sehen sich im digitalen Zeitalter immer häufiger mit Ermittlungsverfahren konfrontiert – nicht selten zu Unrecht. Dass gerade in solchen Fällen der Staat unter bestimmten Voraussetzungen einen Teil der Kosten für eine Strafverteidigung erstatten kann, ist vielen noch nicht geläufig. Hierfür ist mit § 196a der österreichischen Strafprozessordnung (StPO) ein gesetzlicher Anknüpfungspunkt geschaffen worden.
Was regelt § 196a StPO konkret?
§ 196a StPO ermöglicht es einem Beschuldigten, nach dem Ende eines Strafverfahrens den Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung zu beantragen, wenn das Verfahren eingestellt oder mit Freispruch beendet wurde – also wenn sich die Beschuldigung als unzutreffend herausstellt.
Mit dieser Regelung reagiert der Gesetzgeber auf die berechtigte Forderung, unschuldig Beschuldigte nicht mit dem finanziellen Risiko der Strafverteidigung allein zu lassen.
Wie hat sich der Verteidigerkostenersatz in der Praxis entwickelt?
In der praktischen Umsetzung gibt es inzwischen einige Erfahrungswerte, welche Summen tatsächlich ersetzt werden und wie hoch die typischen Kostensätze ausfallen. Ein wichtiger Meilenstein in dieser Entwicklung ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien (OLG Wien), die eine strukturierte Orientierung an der Verfahrenskomplexität vorsieht.
Für “Standard-Ermittlungsverfahren” wird die Höhe zum Beitrag zu den Kosten des Verteidigers anhand folgender Staffelung bemessen:
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Durchschnittliche Verfahren: ca. 3.000 Euro
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Verfahren, di in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen: ca. 1.500 Euro
Diese Zahlen sind keine festen Tarife, sondern stellen Orientierungswerte dar, die Gerichte regelmäßig zugrunde legen, um den “angemessenen” Aufwand einzuschätzen.
Was zählt zu diesem “Standardumfang” eines Ermittlungsverfahrens?
In der Rechtsprechung konkretisiert sich inzwischen, was unter einem „durchschnittlichen“ Ermittlungsverfahren zu verstehen ist. Dazu zählen:
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Bekanntgabe der Vollmacht gegenüber der Staatsanwaltschaft
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Antrag auf Akteneinsicht (§ 51 StPO)
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Aktenstudium und Besprechung mit dem Mandanten
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Begleitung einer Einvernahme (ca. zwei Stunden)
Diese Tätigkeiten bilden in ihrer Gesamtheit das Gerüst eines „Standardverfahrens“, das in der Regel mit 1.500 bis 3.000 Euro bewertet wird.
Was bedeutet das für besonders einfache oder kurze Verfahren?
Gerade bei Ermittlungen, die schnell eingestellt werden oder nur einen geringen Umfang haben, zeigt sich, dass die Gerichte auch entsprechend geringere Kostensätze ansetzen. In der Praxis pendelt sich die Erstattung bei sehr einfachen Verfahren nach eigenen Erfahrungen zwischen 400 und 700 Euro ein, gelegentlich auch darunter. Solche Fälle sind z. B.:
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Rasche Einstellung mangels Anfangsverdacht
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Kurze Sachverhaltsaufklärung ohne zusätzliche Beweiserhebungen
Für Betroffene ist dies einerseits ein Zeichen zunehmender Transparenz, andererseits zeigt sich aber auch, dass der gesetzliche Kostenersatz nicht die realen Verteidigerkosten deckt.
Welche Rolle spielen Rechtsschutzversicherungen?
Viele Mandant:innen setzen daher auf Rechtsschutzversicherungen, die – je nach Vertrag – zusätzlich zum Kostenersatz nach § 196a StPO Leistungen erbringen. In vielen Fällen übernehmen sie einen Teil der Verteidigerhonorare, wobei sie den Kostenersatz nach § 196a StPO einberechnen und in Abzug bringen.
Somit kann in Kombination aus staatlichem Ersatz und Versicherung ein beachtlicher Teil der finanziellen Belastung abgefedert werden – sofern eine entsprechende Police vorhanden ist und das Verfahren im Ermittlungsstadium entsprechend eingestellt wird.
Bleiben finanzielle Risiken für Mandanten bestehen?
Ja, trotz positiver Entwicklungen bleibt ein gewisses Risiko bestehen. Die gesetzlichen Kostensätze bilden nur die „angemessenen“ Mindestbeträge ab. Ein umfassend tätiger Verteidiger kann – je nach Aufwand und Komplexität – deutlich höhere Honorare verlangen. In solchen Fällen können sich die Gesamtkosten auf bis zu 3.000 Euro oder mehr summieren – ein Betrag, der in einfach gelagerten Fällen durchaus realistisch ist, aber nur zum Teil ersetzt wird.