#Compliance Stories #8: Der Wirecard-Fall

08/14/2025
Strafrecht | Compliance | Start-ups

Der Wirecard-Skandal zählt zu den größten Finanzskandalen in der Geschichte Deutschlands und hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Er offenbart die…

Der Wirecard-Skandal zählt zu den größten Finanzskandalen in der Geschichte Deutschlands und hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Er offenbart die tiefgreifenden Mängel in Unternehmensführung, Aufsicht und Regulierung und dient als Mahnung für die Bedeutung von Transparenz und Integrität in der Geschäftswelt.

Hintergrund: Aufstieg und Fall von Wirecard

Wirecard wurde 1999 gegründet und entwickelte sich rasch zu einem führenden Zahlungsdienstleister mit Sitz in Aschheim bei München. Das Unternehmen bot elektronische Zahlungsabwicklungen und Risikomanagement für Händler an und expandierte weltweit. Im September 2018 erreichte Wirecard einen Höhepunkt, als es in den deutschen Leitindex DAX aufgenommen wurde und damit als eines der 30 wertvollsten börsennotierten Unternehmen Deutschlands galt.

Trotz des rasanten Aufstiegs gab es immer wieder Berichte und Gerüchte über Unregelmäßigkeiten in den Geschäftspraktiken von Wirecard. Im Juni 2020 erreichte der Skandal seinen Höhepunkt, als das Unternehmen einräumen musste, dass 1,9 Milliarden Euro, die in der Bilanz als Guthaben auf Treuhandkonten ausgewiesen waren, nicht existierten. Diese Summe entsprach etwa einem Viertel der Bilanzsumme und führte zu einem massiven Vertrauensverlust bei Investoren und Geschäftspartnern.

Mechanismen des Betrugs

Die Untersuchungen zeigten, dass Wirecard über Jahre hinweg seine Bilanzen manipuliert hatte, um ein Bild von Wachstum und Profitabilität zu zeichnen, das nicht der Realität entsprach. Dabei wurden Scheingeschäfte über Tochtergesellschaften in Asien und dem Nahen Osten abgewickelt, um Umsätze und Gewinne zu fälschen. Zudem nutzte das Unternehmen ein Netzwerk von Drittpartnern, um Transaktionen zu verschleiern und Gelder umzuleiten.

Ein zentraler Aspekt des Skandals ist das Versagen der Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsbehörden. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hatte über ein Jahrzehnt die Bilanzen von Wirecard testiert, ohne die Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Kritiker werfen EY vor, grundlegende Prüfungshandlungen, wie die Überprüfung von Bankguthaben, nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. Auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin geriet in die Kritik, da sie Warnsignale ignorierte und stattdessen gegen Journalisten und Investoren vorging, die auf mögliche Missstände hingewiesen hatten.

Konsequenzen des Skandals

Am 25. Juni 2020 meldete Wirecard Insolvenz an, was zu erheblichen finanziellen Verlusten für Aktionäre und Gläubiger führte. Tausende Mitarbeiter verloren ihre Arbeitsplätze, und das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland wurde erschüttert. Gegen mehrere ehemalige Vorstandsmitglieder, darunter den CEO Markus Braun, wurden strafrechtliche Ermittlungen wegen Betrugs, Bilanzfälschung und Marktmanipulation eingeleitet. Braun wurde verhaftet, während der ehemalige COO Jan Marsalek untergetaucht ist und international gesucht wird.

Lehren aus dem Wirecard-Skandal

Der Fall Wirecard unterstreicht die Notwendigkeit von:

  • Strengerer Regulierung und Aufsicht: Es bedarf effektiverer Kontrollmechanismen, um solche Betrugsfälle in Zukunft zu verhindern.
  • Unabhängiger und gründlicher Wirtschaftsprüfung: Wirtschaftsprüfer müssen ihre Rolle als unabhängige Prüfer ernst nehmen und dürfen sich nicht von ihren Auftraggebern beeinflussen lassen.
  • Transparenter Unternehmensführung: Unternehmen sollten eine Kultur der Transparenz und Integrität fördern, um das Vertrauen von Investoren und der Öffentlichkeit zu gewinnen.

Aktuelle Entwicklungen

Auch Jahre nach der Insolvenz von Wirecard sind die juristischen Aufarbeitungen noch im Gange. Im August 2024 wurden zwei weitere ehemalige Vorstandsmitglieder wegen Untreue angeklagt. Sie sollen Kredite und Zahlungen an Geschäftspartner genehmigt haben, die trotz rückständiger Rückzahlungen nicht überprüft wurden, was zu einem finanziellen Schaden in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro führte.

Zudem wurde im September 2024 der ehemalige CEO Markus Braun und zwei weitere Führungskräfte dazu verurteilt, 140 Millionen Euro Schadensersatz zu zahlen. Sie hatten Kredite an einen asiatischen Geschäftspartner genehmigt, die nie zurückgezahlt wurden.

 

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